In der Gliederung unserer Einreichung orientieren wir uns an der Verständlichkeit eines interdisziplinären Publikums mit vielfältigen Hintergründen. Gleichzeitig folgen wir der empfohlenen Struktur Einreichung eines SoTL-Beitrags für die TURN Conference 2023. Daher finden Sie Zwischentitel mit dem Ziel der Verständlichkeit, gefolgt von den empfohlenen Titeln in Klammern.
Fach: Systemisches Coaching.
Studiengänge: Psychologie, Angewandte Psychologie, Wirtschaftspsychologie
Ziel und Idee: Kollegiales Sparring zu interdisziplinärer Umsetz- und Anwendbarkeit des Lehr-Lern-Frameworks.
Kontext des Projekts und Formulierung der Fragestellung (Questioning)
Unsere Systemische Lehre basiert auf der systemischen Grundhaltung. Unter Systemischem Denken verstehen wir, Studierende und ihre Fragestellungen ganzheitlich mit ihren jeweiligen Bedürfnissen, Zielen und Kontexten zu betrachten. Zu jeder Zeit unserer Lehre sehen wir die Studierenden als Expert*innen für ihr Leben und ihr Lernen. Dabei betrachten wir einzelne Personen immer als Teil größerer Gesamtsysteme (der Hochschule, der Familien etc.), dessen Elemente in wechselseitigem Zusammenhang miteinander stehen. Wir arbeiten mit „Lehrn-Hoops“ in neun Schritten:
(1)Vorbereitung und Choreographien, (2) Kontakt schaffen, (3) Dialograum ermöglichen, (4) Gelerntes verankern, (5) Innere Haltung überprüfen, (6) Transfer sichern, (7) Feedback holen, (8) Abschluss gestalten, und (9) immer wieder: Guidance
Diese begegnen uns auf unserer Lehrnreise immer wieder zirkulär.
Unsere Beobachtungen in Co-Lehre (Tandem-Lehre) Systemisches Coaching:
Über 60 Bachelor- und 140 Master-Studierende an zwei Hochschulen in Deutschland und Österreich melden uns über vier Semester eine qualitative Unterschiedsbildung im Vergleich zu anderen Vorlesungen und Seminaren zurück:
Unsere Irritation:
Studierende erleben unser #Systemisch-Lehrnen-Framework im fortgeschrittenen Segment ihres Studiums als „sehr anders“. Wir als Lehrende sehen uns selbst als Lernende – und unsere Lernenden werden bei uns zu Lehrenden. Überwiegend geht es dabei um Haltung, nur sekundär um Methoden. Lehren + Lernen = Lehrnen.
Spannend ist diese Rückmeldung der “sehr anderen” Lehre, da wir davon ausgehen, dass Lehrende – gleich welcher Disziplin – vor ähnlichem Kontext agieren: Wir gehen davon aus, dass Wissen heute sehr leicht ergoogelt werden kann. Lehrende verstehen wir daher mehr als Kuratoren und Prozessbegleitende denn als Lehrer. Diese Haltung erleben Studierende, so wird uns als Feedback gespiegelt, jedoch selten bis nie in ihren vorherigen Semestern.
Abgeleitet aus unserer Irritation stellen wir folgende Fragen:
Inwiefern ist systemisches Lehrnen ein Paradigmenwechsel in der Hochschullehre und welche Chancen und Risiken gehen damit einher – für wen, was und warum?
Folgende Fragestellungen sollen im weiteren Fokus unserer Forschung stehen. Wir leiten diese Fragestellungen ab aus Systemtheorien, Kybernetik, Lernender Organisation, Arbeits- und Organisationspsychologie und systemischer Team- und Organisationsentwicklung:
Hypothese:
Je mehr Lehrende mit Studierenden in systemischer Grundhaltung in Kontakt und Dialog treten, desto eher kann ein Einlassen auf einen gemeinsamen Lernprozess auf Augenhöhe stattfinden und das Vertrauen wachsen.
Je mehr gegenseitiges Vertrauen in Personen und Prozess vorhanden ist, desto wahrscheinlicher gelingt Lernen mit Leichtigkeit und Freude auf beiden Seiten.
Konkret würden wir gerne von aufgeschlossenen, qualitativ orientierten Action Reasearchern Feedback zur methodischen Weiterführung unseres Frameworks einholen.
Ableitung des methodischen Designs (Gathering and exploring evidences)
Lehrende 1, Lehrende 2, Student 1 & Student 2
Systemisches Lehrnen schätzt regelmäßige Reflexionen aller Perspektiven und Beteiligten. Daher haben wir mit zwei Studierenden mehrere Reflexions-Sessions genutzt, per Video aufgezeichnet und transkribiert.
Angeregt durch das positive Feedback und ermutigt von Studierenden, wurden Daten zunächst erhoben über…
*Iterativ nennen wir diese Schleifen, da sie regelmäßig wiederkehrend unseren Prozess begleiten. Solche sich widerholenden Feedback-Runden sind Bestandteil der systemischen Lehre und systemischen Lernens.
**In unseren digitalen Reflecting-Team-Sessions haben sowohl die Studierenden sich über ihre Erfahrungen unseres Lehransatzes ausgetauscht als auch wir Lehrenden. Dabei hörte die jeweils andere Seite (Lernende/ Lehrende) zu und nutzte die geteilten Eindrücke als Reflexionsfläche. Reflecting Teams werden in systemischen Formaten genutzt und ermöglichen den Beteiligten eine Spiegelung ihrer Situation und neue Perspektiven.
Nun geht es darum, die qualitative Forschung im unkonventionellen, interdisziplinären Methodenmix, der einer systemischen Grundhaltung entspricht, weiterzuentwickeln.
Wir möchten unseren Lehr-Lern-Framework-Prototypen in iterativen Schleifen weiterentwickeln.
Unser Ziel durch die Veröffentlichung (Going public: Sharing knowledge)
Mit dem Austausch möchten wir erreichen, dass Systemisches Denken, Fühlen und Handeln mehr Platz im Bewusstsein der Öffentlichkeit bekommt. Warum? Weil wir aus Weiterbildungskontexten und Hochschullehre Erfahrungen gesammelt haben, die die Relevanz verdeutlichen, die hinter Haltung und Methoden stecken. Und somit Anerkennung in Wissenschaft, Lehre und Forschung verdienen.
Dabei greifen wir zurück auf ein vielfältiges Feedback von Studierenden und ein theoretisches Fundament. Die vorgestellten Daten und unser weiterer Umgang damit sind Teil des Diskurses, auf den wir uns freuen.
Wir machen für Lehrende aller Disziplinen die Vorteile der Systemischen Lehre in der Hochschulbildung erfahrbar. Wir geben der immer komplexer werdenden Lebensrealität von Lehrenden und Lernenden bewusst Raum. Von unseren daraus resultierenden Prozessbeobachtungen und Datenmaterialien profitieren sowohl Lernende als auch Lehrende.
Dabei greifen wir zurück auf systemtheoretische Erkenntnisse und insbesondere konstruktivistische Annahmen. Unser Menschenbild ist davon geprägt, dass im Miteinander und im Kontakt intrinsische Motivation gesteigert und das #Lehrnerlebnis auf beiden Seiten geprägt wird von Respekt, Freude am Miteinander und entschleunigtem Lernen.
Nach einer Preisverleihung 2022 für unser Framework #Systemisch lehrnen möchten wir nun mit Verantwortlichen und Hochschulen in einen kritischen Diskurs gehen über Fragen wie:
Langfristig nehmen wir die Entwicklung eines Grundstudiums / einer Grundweiterbildung #Systemisch Lehrnen mit spezifizierten Foki in den Blick. In einer begleitenden Veröffentlichung werden wir Anknüpfungspunkte bzw. Abgrenzungen zu anderen didaktischen Ansätzen beleuchten, die zum Teil ähnliche Ziele verfolgen bzw. Ähnliches bewirken und diskutieren. So möchten wir auch im Feld der Hochschuldidaktik verdeutlichen, ob und wie “Systemische Lehre” sich von anderen Ansätzen abhebt.