Hochschullehre findet in einem dynamischen Umfeld statt. Die Studierenden verändern sich (in ihrer Sozialisation, ihren Voraussetzungen, Zielen und Hoffnungen) ebenso wie die gesellschaftlichen Ansprüche; die didaktischen Möglichkeiten erweitern sich (beispielsweise durch neue Technologien), neue Forschungsergebnisse treiben die Fachinhalte stetig voran, und nicht zuletzt verändern auch die Lehrenden sich im Laufe ihrer Lehrtätigkeit, gewinnen beispielsweise an Wissen und Erfahrungen, und entfernen sich in Lebensalter und Wissensstrukturen von ihren Studierenden.
Um dieser vielschichtigen Dynamik Rechnung zu tragen, ist es zentral, die Hochschullehre zu reflektieren und stetig weiterzuentwickeln. Manchmal sind es Innovationen und große Veränderungen, oft aber auch Kleinigkeiten, die die Motivation steigern, den Lernerfolg erhöhen oder den Lehraufwand reduzieren.
Diese Innovationsdynamik möchten wir aus verschiedenen Blickrichtungen näher beleuchten und dabei an Beispielen aus unseren Hochschulen erläutern.
Aus Perspektive der Hochschulleitung: Welche Rahmenbedingungen und Anreize fördern innovative Weiterentwicklungen der Lehre? Wie kann ich Innovationen steuern und deren Qualität sichern? Wie kann ich erfolgreiche Pilotversuche verstetigen? Wie kann ich einzelne Initiativen in eine hochschulweite Strategie einpassen? Wir werden an Beispielen zeigen, wie durch Gremienarbeit, Vernetzung, Lehrpreise, Curriculumsentwicklung und Ressourceneinsatz die Innovation von Lehre befördert und verstetigt werden kann.
Aus Perspektive der Hochschullehrenden: Wie kommt man auf Ideen, die die Lehre wirklich weiterbringen? Welche Ideen sind es wert, sie zu verfolgen? Wie gelingt eine gute Balance zwischen Bewährtem und Innovation? Woher nehme ich in einem fordernden und ausgefüllten Arbeitsalltag die Ressourcen, meine Lehre weiterentwickeln? Wir werden am Beispiel zeigen, wie in einem Zusammenspiel von Hochschulleitungen, Hochschuldidaktik und Lehrenden eine komplexe Innovation umgesetzt wurde.
Aus Perspektive der Hochschuldidaktik: Wie können Hochschuldidaktiker*innen Lehrende durch Weiterbildungsangebote und kooperative Vernetzung unterstützen, neue Wege in der Lehre zu gehen? Wir werden an konkreten Beispielen zeigen, wie hochschuldidaktische Workshops und der interdisziplinäre Austausch Lehrende inspirieren können, Innovationsideen zu entwickeln und kompetent umzusetzen.
Eine Hochschulleitung kann Lehrinnovationen befördern, indem sie ein Umfeld für deren Entstehung schafft und Möglichkeiten für deren Umsetzung und mögliche Verstetigung bietet.
Gute Lehre sollte an einer Hochschule ständiges Gesprächsthema sein. Möglichkeiten zum Austausch bieten eine Kommission Lehre mit Teilnehmenden aus allen Bereichen der Hochschule, inklusive Studierenden. Ein Tag der Lehre ermöglicht Lehrenden sich über Lehrideen auszutauschen. Kurzformate wie ein Hochschuldidaktischer Abend sind niedrigschwellige Angebote. Ein Lehrpreis gibt Sichtbarkeit für besondere Anlässe.
Eine Infrastruktur für Lehrentwicklung besteht aus hochschuldidaktischen Angeboten wie Workshops sowie Unterstützung bei der Curriculumentwicklung. Da viele Lehrinnovationen digitale Werkzeuge verwenden sind mediendidaktische Beratung und eine aktuell technische Infrastruktur nötig.
Förderung von Lehrideen ermöglicht deren Umsetzung. Verschiedene Formate und Förderumfänge sollten aufeinander aufbauen. Dies kann beginnen bei der Finanzierung einer SHK für ein Semester, geht über Fellowships mit hochschulinterner Förderung von 50.000 € und ermöglicht dann bundesweite Förderanträge im Bereich von 1 Mio. €. Für hochschulinterne Anträge sind unkomplizierte Antragsverfahren sinnvoll. In die Auswahl können Studierende und externe Gutachter*innen einbezogen werden.
Die Verstetigung erfolgreicher Lehrinnovationen ist sicher der schwierigste Schritt. Zunächst können Ressourcen innerhalb eines Studiengangs verschoben werden, wenn die Lehrinnovation die Fachbereichsmitglieder überzeugt. Zusätzliche Ressourcen stehen beispielsweise bereit durch den Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken (ZSL). Deren Verwendung muss innerhalb der Hochschule abgestimmt werden.
Die genannten Aktivitäten werden anhand von Umsetzungsbeispielen aus der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg erläutert.
Als Expertinnen und Experten für die relevanten Inhalte ihres Fachs sind die Hochschullehrenden in der Verantwortung, die Lehrinhalte weiter zu entwickeln, auf deren Basis Studierende befähigt werden können, die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft zu bewältigen. Neben den Fachinhalten ist hierbei allerdings auch der Blick auf überfachliche Kompetenzen und die Entwicklung einer persönlichen Haltung wichtig.
Für die Entwicklung und Umsetzung innovativer Lehrideen ist ein enges Zusammenspiel von Hochschullehrenden, Hochschuldidaktiken und Hochschulleitenden erforderlich. Hochschulleitende sollten einen wohlwollend unterstützenden Raum für Lehrideen bieten und die Zusammenarbeit von Hochschullehrenden mit Hochschuldidaktiken bereitet für Lehrende einerseits den Boden für die eigene didaktische Weiterentwicklung und andererseits für die gemeinsame Entwicklung von kreativen Lehrideen. Wesentlich ist außerdem eine wissenschaftliche Begleitforschung nach der Umsetzung einer Lehridee, um zu überprüfen, ob das Ziel der Idee, z.B. die Verbesserung der Problemlösekompetenz von Studierenden, durch das Lehrprojekt auch wirklich erreicht wurde. Kann die Zielerreichung wissenschaftlich dokumentiert werden, erleichtert dies eine Verstetigung des Lehrprojektes im Curriculum. Wichtig ist hierbei, dass dafür gegebenenfalls andere curriculare Anteile entfallen, da ansonsten eine halbwegs kostenneutrale weitere Umsetzung meist nicht gewährleistet sein kann. Damit dieser Prozess in solcher Weise funktionieren kann, sind flexiblere Strukturen und Abstimmungsprozesse, z.B. in der Änderung von Studienordnungen, in den Hochschulen erforderlich.
Ein solcher Prozess mit den oben beschriebenen Einflussfaktoren und dem Zusammenspiel der drei Akteursgruppen soll im Hinblick auf das Gelingen der nachhaltigen Umsetzung einer Lehrinnovation anhand der Einrichtung eines Centrums zur Entwicklung von Prüfung ärztlicher Kompetenzen am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf vorgestellt werden.
Die Hochschuldidaktik ist eine Einladung an Hochschullehrende, ihre Lehr-Lern- und Prüfungskompetenzen weiterzuentwickeln und zu vernetzen.
In diesem Beitrag wird zunächst reflektiert, wie Hochschuldidaktik als Gesamtkonzept Lehrende variantenreich unterstützen kann, um kleinere oder größere Lehr-Lern-Entwicklungen oder -Innovationen in ihre konkrete Lehre, ihre Studiengänge, ihre Hochschulen etc. einzubringen.
Darauf aufbauend wird ein konkretes hochschuldidaktisches Angebot „Innovationen und Kreativität“ vorgestellt, das als Experimentierraum gezielt Hochschullehrenden ermöglicht, Innovationskonzepte kompetenz(weiter)entwickelnd und -vernetzend kennenzulernen, zu erproben, auszutauschen sowie Ideen für niedrigere oder höhere Grade an Innovationen für ihre Lehre und ihre Studierenden zu entwickeln. Innovationsentwicklung wird befördert durch Kreativitätskonzepte und -methoden, die überall gewinnbringend und interaktiv eingesetzt werden können, wo Innovationen, neue Gedanken sowie sich verknüpfende bzw. synergetische Überlegungen bzw. interessante Lehr-Lern-Projekte und -Konzepte gedeihen. Sie können Lehrende dabei unterstützen, methodisch vielseitiger und an ungewöhnlichen Entwicklungsprozessen orientierte Lehrveranstaltungen zu konzipieren. Studierende und Lehrende können durch Kreativitätsmethoden von eigenen Fähigkeiten und Ideen überrascht werden, die sichtbar werden, gerade indem sie die gewohnten Entwicklungs- und Lehr-Lern-Pfade verlassen.
Hochschulleitungen können dies unterstützen, indem sie formelle und informelle Initiativen, in denen innovative und kreative Entwicklungen in der Hochschul(lehr)e entstehen oder verwirklicht werden, gedeihen lassen, kooperativ nutzen, vernetzen, weiterentwickeln und/oder initiieren.